Little Tom


Geschichte:

Die "Little Tom" war, noch lange vor der Walther PP, die erste Double-Action-Automatikpistole der Geschichte.
Sie wurde von dem 1867 in Pardubice geborenen Tschechen Alois Tomiska entwickelt. Dieser lernte Anfang der 90er Jahre in Wien den Beruf des Büchsenmachers und begann 1900 mit der Entwicklung einer Spannabzugs-Selbstladepistole. Acht Jahre später ließ er sich in England seine erste Taschenpistole mit Spannabzug und außenliegendem Hahn patentieren. Mit der Modellbezeichnung "Little Tom" verballhornte er seinen Namen Tomiska. Ein paar Monate später erhielt er auch ein österreichisches Patent.
1909 gründete er dann zusammen mit Camillo Frank die Wiener Waffenfabrik und nahm noch im selben Jahr die Produktion der Taschenpistole in den Kalibern 6,35 mm und - viel seltener - 7,65 mm Browning auf.
Die Fertigung lief bis Anfang 1918 nur schleppend. Der Erste Weltkrieg verzögerte den Start zur Serienproduktion. Trotzdem verbesserte Tomiska immer wieder Einzelteile an seiner Waffe und ließ diese patentieren. Ihr endgültiges Design erhielt die schön flach gebaute Pistole etwa 1919. Im diesem Jahr verkaufte Tomiska aber seine Patente an die Wiener Waffenfabrik und verlegte seinen Wohnsitz in das böhmische Pilsen, wo er bei der Jihoceska Zbrojovka (Südtschechische Waffenfabrik) arbeitete, die später in dem Werk Ceskä Zbrojovka (CZ) aufging. Die Little Tom fertigte er dort selbst als Lizenznachbau noch bis etwa 1929 (Anmerkung: manche Autoren behaupteten auch, daß Tomiska die Pistolen in Eigenregie fertigte, BEVOR er sie an die Wiener Waffenfabrik verkaufte. Dies ist jedoch anhand des Aussehens, welches eher den späteren Fertigungen entspricht, unwahrscheinlich). Zuletzt arbeitete Alois Tomiska bei Ceskä Zbrojovka an der Entwicklung der Pistolenreihen Vz22, 24 und 27. 1946 starb er in Prag.
Die Hauptfertigung in Wien lief noch bis etwa 1925, wobei insgesamt (enschließlich der 7.65mm Versionen) ca. 40.000 bis 50.000 Stück gefertigt wurden.
Der Little Tom war niemals der große Erfolg beschieden - anders als der Walther PP. Ob deren Entwickler sich ihre Ideen bei Tomiska holten, läßt sich heute nicht mehr feststellen.
Neben der Eigenschaft des Spannabzuges hatte die Pistole auch andere ungewöhnliche Eigenheiten: Die Magazine bestanden meistens aus Messingblech, aber es gab auch Versionen aus Stahlblech. Kurioserweise lassen sie sich nicht wie üblich von unten aus dem Griffstück ziehen, sondern werden wie bei anderen österreichisch-ungarischen Pistolen (Frommer, Steyr) nach oben durch den geöffneten Schlitten entnommen. Im übrigen gab es während der Produktionszeit auch eine Anzahl von kleineren Varianten, speziell in den Griffschalen und der Beschriftung.

Technische Daten:

SYSTEM:Selbstladepistole mit Masseverschluß und externem Hammer
PATRONENZAHL: 6
KALIBER : .6.35mm Browning
LAUFLÄNGE : 59 mm , 6 Züge rechtsdrehend
GEWICHT LEER : 370 g
GESAMTLÄNGE : 113 mm
GESAMTHÖHE : 83 mm
GESAMTBREITE : 21 mm
ABZUG : Double Action
VISIER : keines
SICHERUNG : Sicherungshebel
FINISH : brüniert
GRIFFSCHALEN : Hartgummi